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Von der “Matsch-Ernte” zur “Versteppung” (2011)
War das Jahr 2010 entschieden zu nass gewesen, so war 2011 gerade das Gegenteil. Im April hatte es das letzte Mal vernünftig geregnet, dann begann viel zu früh ein unerbittlicher Sommer. Schon im Mai hatten wir eine Hitzeperiode mit über 30°C, genau als die Bäume zur Entwicklung einer vollen Blüte viel Wasser bräuchten. Damit war es aber noch nicht vorbei, auch während der bescheidenen Blüte brannte die Sonne unerbittlich was einen großen Teil der zarten Staubgefäße schädigte. So sah schon der Fruchtansatz im Frühsommer nicht gerade ermutigend aus. Für die Frühjahrsarbeiten im Hain war es dagegen perfektes Wetter und Dank der tatkräftigen Profi-Hilfe aus Hamburg haben wir es tatsächlich geschafft die letzten verwilderten Riesenbäume in unserer “grünen Hölle” am Bach radikal zurück zu schneiden. Es war harte Arbeit, besonders die Stämme aus dem Brombeer-Wildwuchs auf dem Nachbargelände zu bergen, aber dafür ist es jetzt endlich so licht und sonnig dort unten, wie es die Oliven lieben. Und für die nächsten Jahre dürfte Brennholz kein Thema mehr sein, so an die 5 Tonnen Holz haben wir zum Haus hoch gezerrt...
Besonders spannend war für mich auch den Baumschnitt-Meister bei der Arbeit zu beobachten, Klettertechniken zu lernen und zu sehen, wie man mit Obstbaum-Erfahrung an die “potatura”, den Baumschnitt geht, denn es wurde nicht nur grob aufgeräumt, sondern auch viel sauberer Form- und Rekonstruktionsschnitt gemacht. Sowohl ich, wie auch Jörn sind gespannt, wie die Bäume sich in den nächsten Jahren entwickeln werden. Im Verlauf diesen Jahres hat sich leider gar nichts mehr entwickelt, es fehlte permanent am Wasser.
Der Grasschnitt im Sommer war entsprechend einfach, viel war nicht gewachsen, aber es gab auch Schattenseiten, an den Bäumen zeigten sich immer mehr vertrocknete Zweige. Von den Früchten hatten sich viele nicht weiter entwickelt, sondern hingen braun und schrumpelig im Geäst. Als die “Cascola” einsetzte, der Moment wo der Olivenbaum sich je nach Versorgungslage von einem Teil seiner Früchte trennt, wurde klar, dass auch der verbliebene Rest nicht ganz zu retten war. Die Bäume warfen viele der offensichtlich gesunden Früchte einfach ab.
Viel erwarteten wir uns nicht, als wir sehr zeitig schon Anfang Oktober zur Ernte fuhren, aber enttäuscht wurden wir trotzdem noch. Es wirkte fast als hätte schon jemand geerntet, nur hier und da einige Oliven übersehen. Das Gelände staubtrocken, kaum Gras nach gewachsen, braune Steppe, wo eigentlich alles grün im Saft stehen sollte. Die Bäume teilweise erbärmlich anzusehen, sprödes, vertrocknetes Geäst, teils ganze Äste ohne Blätter. Den sonst nötigen Grasschnitt direkt vor der Ernte konnte man sich fast sparen, nur die strunkigen Distelreste mussten abgemäht werden um keinen Ärger mit der Netzen zu haben. Die haben wir aber zunächst gar nicht erst ausgepackt, sondern sind erst mal mit Säckchen und Olivenkisten los und haben die wenigen Früchte in den besonders trockenen Zonen direkt “ins Körbchen” gepflückt. Dabei blieb es dann zum Glück doch nicht, aber viele Netze haben wir dieses Jahr nicht gelegt.
Nach drei Wochen war dann auch alles schon vorbei, die Ausbeute war zum Glück sensationell - eine 22%-Resa hatten wir bisher nie bei der ersten Pressung im Jahr - aber am Ende hatten wir noch nicht mal ein Viertel des Öles im Fass, dass wir 2010 hatten.
Nun hoffen wir, dass die Bäume sich über den Winter erholen und das Klima sich wieder etwas normalisiert. Ein schön feuchtes Frühjahr, ein trockener, heißer Sommer, ein früher Herbst, kühl aber trocken, so wie es vor wenigen Jahren noch normal war, das bräuchten wir dringend.
Viel Wasser und viel Öl (2010)
Hatte ich letzten Sommer beim Gang über den Hain noch geglaubt erste Anzeichen von Versteppung zu sehen und mir Gedanken über das Näherrücken der Sahel-Zone gemacht, hatten wir 2010 definitiv zu viel Regen. An die extremen Regenfälle im Frühjahr haben wir uns ja fast schon gewöhnt, wenn auch die Folgen jedes Jahr dramatischer werden. Dieses Jahr ist bei Nachbarn ein Stück Olivenhain ins Rutschen gekommen, mitsamt der Bäume die da seit 200 Jahren stehen. Wer weiter hinten im Tal wohnte, hatte Pech, die Straße war 6 Wochen nicht befahrbar. Im Juni schien sich endlich alles zu normalisieren, heiß und trocken roch es schon sehr nach Hochsommer. Der kam aber irgendwie nicht. Es wurde wieder kühl und regnerisch, selbst im August wollte der Hain nicht ganz abtrocknen, sonst staubtrockenes Gelb - nun saftiges Grün. Zur Ernte war ich schon extra zeitig angereist, denn es war abzusehen dass nach dem Sommerschnitt des Geländes viel nach gewachsen sein würde. Aber die Natur hat mich dann doch überrascht. Die jährliche Wachstumspause war gänzlich ausgeblieben, es war kaum zu glauben, dass erst 7 Wochen zuvor Gras geschnitten worden war. Zum Glück war Uwe aus Köln angereist, doch anstatt Motorrad zu fahren musste er sich mit der zweiten Motorsense anfreunden und helfen, aber das Wetter war ja sowieso nicht so einladend. So blieb dann nicht viel Zeit an dem Solarsystem weiter zu bauen. Ich hatte davon geträumt es schon zur Ernte ausprobieren zu können, es hat dann doch nur dazu gereicht eine Aufständerung für die Kollektoren zu schweissen und die Panele aufs Schuppendach zu stellen. Am 24. Oktober ging es los mit der Ernte. Es wurde allgemein überraschend früh begonnen, vor allem auch im Tal, denn in einigen Zonen gab es einen sehr großen Befall mit der Olivenfliege und jeder wollte retten was zu retten war. Wie üblich gab es bei uns oben nur wenige angestochenen Oliven, aber auch die gesunden Früchte hingen auffallend locker an den Zweigen, große Stürme sollten keine kommen. Bemerkenswert war auch die Größe der Oliven, so üppig und prall waren sie selten, regelrecht voll gesaugt durch die feuchten Böden. Wir haben dann auch gleich einen guten Start gehabt, die Bäume hingen zwar nicht übermäßig voll, aber die Früchte waren leicht zu ernten und die Kisten schnell gefüllt. Gleich zu Beginn kamen viele Helfer aus Deutschland und weil das Wetter noch mitspielte, haben wir alle Rekorde gebrochen! Die Ernüchterung kam dann beim ersten Presstermin - die Oliven sahen zwar schön aus, aber viel Öl war nicht drin. Die Resa, also der Gewichtsanteil des Öls lag bei 15%. Weil wir viel geerntet hatten, gab es trotzdem viel Öl, nur dass man eben mehr dafür arbeiten musste und die Presskosten höher ausfielen. Im November wurde es dann zunehmend ungemütlicher, Matschhose und Regenjacke waren Pflicht. Zwar gab es immer wieder trockene Phasen, aber weil der Boden schon komplett gesättigt war, ist überall das Wasser stehen geblieben. Wo man sonst im duftenen Gras liegen konnte, ist man diesmal im Matsch herum gesumpft. Auf der zerfurchten Straße wurde es selbst mit Allrad immer schwieriger. Die Resa sackte nach einem kurzen Hoch auf 12% ab, so schlecht war die Ausbeute noch nie, doch immerhin konnte man noch ernten. Ende November war es dann fast schon vorbei, Sturm und Hagel hatten viel von den Bäumen geholt; in den kurzen Pausen zwischen zwei Graupelschauer haben wir noch die letzten hohen Bäume unten im Schatten am Bach ge- macht, die immer später reifen und noch fest sitzende, grüne Oliven hatten.
Am Schluß hatten wir gut eine halbe Tonne mehr geerntet wie letztes Jahr um die selbe Menge Öl zu bekommen, aber das war eben auch eine ganze Menge!
Dieses Jahr hat uns gelehrt, dass wir die alten Drainagerinnen und Gräben dringend erneuern und erweitern müssen, damit das Wasser möglichst schnell zum Bach findet. Wir werden auch wieder Esparsette sähen als Gründüngung und weil sie tief wurzelt und so vor Erosion schützt. Noch haben wir keine großen Schäden zu beklagen, aber einige Trockenmauern sind schon zusammen gebrochen, anderen sieht man an, dass sie nicht mehr viel Wasserdruck vertragen. Im kommenden Frühjahr kommen auch die letzten verwilderten Bäume dran, dann ist endlich der gesamte Hain rekultiviert!
Und das Solarsystem muss fertig werden, denn irgendwann wird auch die Sonne wieder scheinen.
Wetter-Kapriolen (2009)
Nach extremen Regengüssen im Frühjahr, zeigte sich der Sommer 09 heiß und äußerst trocken. Schon im Spätsommer erreichten uns entsetzte Anrufe aus Italien, dass die Oliven bereits zu reifen begönnen und vor Trockenheit schon schrumpelten. Wir stellten uns demnach auf eine sehr frühe Ernte ein. Etwas beunruhigt und entsprechend eilig machten wir uns schon Anfang Oktober auf den Weg zu unserem Hain. Die Erwartungen waren ohnehin nicht groß, da alle der Meinung waren die Bäume bräuchten nach der Rekordernte 2008 eine Regenerationsphase und würden deshalb an Früchten sparen. Fest entschlossen das Wenige zu retten, waren wir nach unserer Ankunft sehr überrascht bei uns auf dem Berg üppige Früchte und einen der Zeit entsprechenden Reifegrad vor zu finden. Das Wetter zeigte sich weiterhin von seiner freundlichsten Seite und wir hatten zum ersten Mal die Möglichkeit die Ernte optimal, ohne Eile vorzubereiten. Also schnitten wir gründlich das Gras, entfernten die störenden “Polloni”, die wilden Triebe, die das Netzeauslegen stark erschweren, und flickten alle Netze sorgfältig.
Am 24.10.09 begannen wir dann bei strahlendem Sonnenschein die Ernte. Das Wetter meinte es dieses Jahr besonders gut mit uns. Die Tage waren sonnig und warm, die Nächte kühl, was den Oliven den nötigen Charakter verleiht. Ohne gefürchtete Herbststürme, die einem die Ernte abspenstig zu machen versuchen, konnten wir bis Anfang Dezember entspannt zu Ende ernten. Zwar hingen die Bäume nicht ganz so voll wie das Jahr zuvor, doch die Dauer der Ernte und die erhöhte “Resa”, die Ausbeute trugen dazu bei fast ebenso viel Öl zu gewinnen wie im Rekordjahr zuvor. Wir sind sehr stolz auf unser diesjähriges Öl, es zeichnet sich dieses Jahr durch seine gewohnte charaktervolle Note aus, zeigt aber keine so ausgeprägte Schärfe wie 2008.
Pralle Früchte und volle Bäume! (2008)
Nach dem totalen Erntedesaster im vergangenen Jahr waren Alle sehr gespannt wie es werden würde. Der Winter war wieder viel zu mild gewesen, also hatte jeder mit noch mehr Olivenfliegen, noch größeren Verlusten gerechnet. Pheromonfallen wurden zu Hauf geordert, Wundermittel aus den USA gekauft und jede Menge traditionelle Pestizide. Ich hatte immer gehofft, dass 2007 nur ein Ausrutscher war und die “Mosca” wieder wie üblich in die Ebene zurück kehren würde um dort ihre Schäden anzurichten.
Diese Hoffnung wurde nicht enttäuscht! Es war die erste Ernte die ich erlebt habe ohne auch nur eine einzige Fliege zu sehen. Wohin sie gewandert sind, weiß keiner, denn in der Ebene gab es auch kaum welche. So wurde es das, was die sehr üppige Blüte schon versprochen hatte, eine Rekord- Ernte! Zwar mussten wir wieder recht früh beginnen, aber es war deutlich kälter als vergangenes Jahr und sehr feucht. Das hat den Helfern natürlich nicht gefallen, aber für die Oliven war es bestens. Sie sind nur langsam gereift und es gab bis zum Ende am 4.Dezember noch grüne Früchte zu ernten (die Überreifen hatten die heftigen Herbststürme längst mit genommen). Die Ausbeute war kläglich dieses Jahr, nur 15% im Schnitt, aber es waren so viele Oliven, dass es trotzdem für volle Fässer reichte, man musste eben nur etwas mehr dafür arbeiten als sonst.
Die Qualität der Früchte war außergewöhnlich gut, da es kaum angestochene gab, durch die kühle Witterung waren die Lagerbedingungen ideal und es gab genug Masse um alle paar Tage zur Presse fahren zu können. Entsprechend sensationell ist denn auch das Öl geworden! Wunderbar fruchtig, mit der typischen Bitternote, die aber nicht zu dominat ist. Noch grün hat es auch noch die grasige Note und die Schärfe des “Olio Nuovo”.
Einen schöneren Lohn kann es nicht geben für diese lange, oft mühsame Ernte mit viel zu vielen nassen Schuhen! Und es war eine rechte Freude nach dem vermurksten letzten Jahr wieder so richtig in die Vollen greifen zu können.
Gute Nachrichten aus Forschung und Medizin! (2007)
2006 war dann eher das Jahr der guten Nachrichten. Die Forschung beschäftigt sich immer mehr mit dem Olivenöl. So haben dänische Wissenschaftler der Uni Kopenhagen in einer Studie bewiesen, dass Olivenöl Zellschäden vorbeugt, die zu Krebserkrankungen führen können. Japanische Kollegen wiederum bewiesen die Wirksamkeit als Sonnenschutz und Anti-Hautkrebs Mittel. In Spanien wurde den Phenolen im Olivenöl nachgespürt und entdeckt, dass diese die Dehnbarkeit von Blutgefäßen positiv beeinflussen und damit die Blutzirkulation verbessern. Die kurioseste Entdeckung jedoch kam aus den USA. Ein amerikanischer Forscher nahm an einem Kongress in Sizilien teil. Eigentlich ging es dabei um Aromastoffe in Lebensmitteln, doch beim verkosten frischen Olivenöls kam dem Wissenschaftler der scharf-bittere Geschmack irgendwie bekannt vor, er erinnerte ihn an das Medikament Ibuprofen. Es ließ ihm keine Ruhe und schließlich gelang der Nachweis, dass im frischen Öl tatsächlich ähnlich wirksamen Substanzen sind wie in Ibuprofen oder auch Aspirin, wenn auch nur in geringer Menge. Doch mehr dazu unter Gesundheit.
Gepanschtes Öl? (2005)
Die Presse war im Jahr 2004 voll davon (Der Stern, Der Feinschmecker, das Weinmagazin Merum, das „Slow-Food“-Magazin, selbst ein Artikel der Washington Post beschäftigte sich damit). Wenn man all diesen Publikationen glauben darf, wird minderwertigste Ware, die für den Verzehr eigentlich gar nicht mehr zugelassen ist, stark erhitzt um den Säuregehalt von bis zu 40% auf unter 0,8% zu drücken, das hinterher bräunliche Öl anschließend gebleicht und schließlich mit etwas hochwertigem Öl gemischt um die Farbe einzustellen und wieder etwas Geschmack an das Produkt zu bekommen. Manche Produzenten gehen anscheinend sogar soweit Abfallöle aus der Lebensmittelindustrie als Grundöl zu benutzen, diese mit etwas Olivenöl zu mischen und dann die vorgeschriebenen Grenzwerte technisch einzustellen.
Für den Verbraucher ist es quasi unmöglich dies zu durchschauen, entsprechend frech gehen die Ölhersteller denn auch zur Sache, die große Testreihe, die Merum, das „Slow-Food“-Magazin, der Stern und das ZDF gemeinsam durchführten, kam so auch zu unglaublichen Ergebnissen. Von 19 getesteten Ölen (alle Extra Vergine, Preisklasse bis 20 Euro pro Liter), die auf dem deutschen Markt verkauft werden, bestanden gerade zwei den Test. Der Rest war mehr oder weniger mit Mängeln behaftet, fünf Kandidaten wurde sogar das Qualitätsurteil „Lampant-Öl“ zugesprochen, also absolut minderwertiges Öl, dass laut EU-Recht nicht für den direkten Verzehr zugelassen ist.
Das nicht nur der Geschmack, sondern auch die wertvollen Inhaltsstoffe des Öls bei irgendwelchen Wärmebehandlungen auf der Strecke bleiben ist unbestritten.
Es nutzt also nichts den Informationen auf dem Etikett zu trauen, oder zu hoffen, dass ein teures Öl auch ein wertvolles wäre.
In “Der Feinschmecker” erschien noch ein interessanter Bericht, in dem einfach einmal vorgerechnet wird, wie viel ein ehrliches Extra Vergine kosten muss um überhaupt die Produktionskosten zu decken. Demnach kann ein großer Teil des angebotenen Extra Vergine gar nicht so extra sein!
Im Jahr darauf dann der nächste Test und der nächste Skandal. Nicht nur falsch deklarierte Öle wurden entdeckt, sondern sogar Fremdsubstanzen, sogenannte Weichmacher, auch in Bio-Ölen! Wie diese Stoffe aus den Kunststoffen ins Öl gelangten, blieb im Dunkeln.
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